Tipps zur Dehnung verkürzter Sehnen an der Hand?

Dieses Thema im Forum "Fragen zu Freeletics" wurde erstellt von Eule, 19. Oktober 2013.

  1. Eule

    Eule Frischling

    Hallihallo!

    Weil es manchmal so bitterböse Kommentare gibt, gleich vorweg: Ich habe die Suchfunktion genutzt und habe auch gegoogelt, aber entweder gibt es dazu nichts Hilfreiches oder ich habe die falschen Suchbegriffe eingegeben. Wenn diese Frage in die Sportmedizin gehört, so bedauere ich die falsche Einordnung.

    Zum Thema:
    Beispielsweise beim Handstand werden ja die Sehnen auf der Innenseite des Handgelenks stark beansprucht. Ich kann meine Hände jedoch maximal um 50 Grad schmerzfrei abklappen, an 90 Grad ist gar nicht zu denken. Dass sich das mit einer einzigen Dehnübung nicht ändern lässt, ist mir klar. Aber ich habe die Hoffnung, dass man langfristig vielleicht doch die Beweglichkeit erreicht, dass auch Handstände möglich wären.
    Habt ihr da Tipps, wie man daran arbeiten könnte?

    Liebe Grüße und schon einmal vielen Dank

    Eule
     
  2. Henk

    Henk Frischling

    Hi,

    50 Grad Dorsalextension entspricht dem Normalwert eines gesunden Menschen. Da der Unterarmmuskel und dessen Sehnen ohnehin nicht unbedingt zur Verkürzung neigen, würde ich sagen, das Problem könnte eher in einer Entzündung liegen. Ich würde schon mal mit einem Arzt darüber reden.

    Liebe Grüße
    Henk
     
  3. Eule

    Eule Frischling

    Danke zunächst mal für die Antwort!
    Das mit der Verkürzung hat eine Zahnarzthelferin letztens vermutet - zugegebenermaßen nicht die Fachfrau schlechthin.

    Dass da eine Entzündung vorliegt, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich kann die Hände auf beiden Seiten nicht weiter umklappen und habe auch nur solche "Schmerzen", wie sie halt beim Dehnen auftreten. Außerdem habe ich dasselbe Problem an vielen Stellen meines Körpers, z. B. komme ich bei durchgestreckten Knien mit den Händen nur so gerade an die Kniescheibe herunter, weil es dann schon so stark in der Kniekehle zieht. Jedenfalls sind das Dinge, die ein Arzt sicher nicht beheben kann, zumal da ja keine medizinische Notwendigkeit der Behandlung vorliegt. :|
     
  4. AkiraT

    AkiraT Hades

    Hallo Eule.
    Alle Muskeln neigen zur verkürzung die immer nur in Verkürzung aktiviert oder in ihr gehalten werden. Besonders die Finger (Hand-) Beuger neigen zu Verkürzungen.
    Arbeitest du in einem Beruf in dem du viel schreibst? Viel mit den Händen trägst? Viel Tippst?

    Dehnübungen sind hier sehr wichtig. Jedoch nicht nur für die Hände/Finger sondern die ganze vordere Muskelkette (Bauch, Brust, Bizeps, Finger & Handbeuger)
    Bitte dehne dich nicht statisch (z.B. Hände mit den Fingern nach vorne auf den Tisch und mit gestreckten Armen drüber beugen). Statisches dehnen ist nicht mehr Zeitgemäß und wird heutzutage so nicht mehr gelehrt.
    Du brauchst aktive Dehnung. Das heißt die Gegenspieler der verkürzten Muskeln müssen arbeiten damit die verkürzten Muskeln hemmende Impulse erhalten (siehe Antagonistenhemmung).
    Dies am besten im Intervall von jeweils 2 sek. Alles was drüber geht veranlasst einen verkürzten Muskel sich zum Schutz (das Gehirn möchte ja nicht das er schaden nimmt) zusammenzuziehen und die Dehnung geht ins leere.

    Im Prinzip bedeutet das:
    Stell dich hin mit viel Platz zu den Seiten. Strecke die Arme zu den Seiten aus als wolltest du die Welt umarmen, die Daumen zeigen nach oben. Im Atemrhytmus (Ruhige! Atmung) nun die Handgelenke nach hinten (Richtung Ellenbogen) klappen. So das die Dehnung ca. 2sek. andauert. Die Körperhaltung ist aufrecht, die Atmung geht in die Brust, das Kinn ist innen und zeigt nicht nach vorne.
    Das Wdh. du ca. 1 Min. mehrmals am Tag. (Mehrmals bedeutet mehr als 10).
    Es muss immer angenehm sein. Werden die Arme schwer mache eine Pause. Die Muskeln sollen sich entspannen.
    Auch Hilft ein aufgewärmtes Kirschkernkissen auf die Unterarminnenseite ("Mäusschen" Richtung Handgelenk) zum Abend hin wenn du auf dem Sofa sitzt.

    Wenn du noch fragen dazu hast dann scheue dich nicht.

    Viel Erfolg weiterhin
     
  5. Henk

    Henk Frischling

    Hi,

    Magst Du die Gründe bitte näher erläutern? Yoga ist doch auch statisches Dehnen, oder nicht? Soweit ich die Thematik verstanden habe, ist statisches Dehnen doch nur vor oder nach Kraftsport/Schnellkraftleistungen nicht empfehlenswert. (siehe auch http://www.dr-moosburger.at/pub/pub046.pdf )
    In separaten Dehntrainings kann doch gut und gern statisch gedehnt werden, das erhöht nicht nur die Beweglichkeit, sondern sorgt auch für psychisches Wohlbefinden.

    Liebe Grüße
    Henk
     
  6. AkiraT

    AkiraT Hades

    Sehr gern.
    Der Muskel besteht ja aus verschiedenen Anteilen. Stark vereinfacht:
    - Die Z-Scheiben am Rand (Die gerne reißen),
    - dünne Aktin-Filamente, dicke Myosinfilamente
    - dann noch elastische Titin-Filamente die aber nur Läufer interessieren, deswegen geh ich auf die nicht weiter ein

    - Es kommt zur Innervation eines Muskels -> Der Reiz aus dem ZNS kommt vom Motoneuron im Rückenmark und innerviert unterschiedlich viele Muskelfasern.
    - das setzt den Kontraktionsmechanismus in Gang ( Sliding-Filament-Theorie) Ich kann das näher ausführen doch fehlt mir grad die Energie nach einem langem Arbeitstag und einer Einheit Artemis
    Daher in aller kürze:
    Myosinköpfchen docken am Aktin an und durch Zufuhr von ATP (Energielieferant in unserem Körper) knicken diese um. Durch das umknicken verändert sich die länge des Muskels. Er fährt zusammen.
    Dies macht er ziemlich oft hintereinander um die Muskellängenverkürzung zu realisieren durch die sich unser Muskel spannt.

    Und jetzt kommts!
    Damit sich das Myosinköpfchen wieder lösen kann muss wieder ATP zugeführt werden. Anders lässt sich diese Verbindung von Myosinköpfchen und dem Aktin nicht lösen. Da reißt eher die Z-Scheibe. (Vergleich Totenstarre wo eher die Knochen brechen als das die Muskeln nachgeben)
    Will man jetzt statisch dehnen "zieht" man quasi an den Verbindungen die gar keine veranlassung haben sich zu lösen da statisches dehnen eben kein willentliches dehnen ist.
    Willentliches dehnen läuft immer über den Antagonisten des zu dehnenden Muskels.
    Dehnt man trotzdem statisch kommt es zum einem zu einem Reflex (Muss ich nachschauen wie er genau heißt) der dafür sorgt das der Muskel sich nicht weiter verlängert.
    Zum anderen weiß der Muskel ja gar nicht das er sich verlängern soll da er ja statisch und nicht willentlich (aktiv) gedehnt wird.

    Man sieht das ein passives dehnen ein Hoffnungsloses unterfangen ist. (BTW unter Schmerzen wird sich ein Muskel nie verlängern -> siehe zu starkes dehnen)

    Dennoch erreicht man nach langem wdh. statischem Dehnen einen Erfolg. Zum einen weil man immer wieder aus der Dehnposition raus geht und wieder "hinnein" (man dehnt ja nicht nur einmal 30sek.) was einem schwachem aktiven Dehnen gleich kommt (dieses raus und wieder rein). Zum anderen Entspannt man sich meist beim Dehnen (Wenn man nicht in den Schmerzbereich geht) was zum absinken der Sympathikusaktivität führt was die Muskeln relativ gesehen "entspannt".

    Achja. Und nach regelmäßigem statischen Dehnen "entspannt" man auch seine Sehnen und Bänder was dazu führt das Gelenke instabil werden und die Gefahr einer vorzeitigen Arthrose stark ansteigt sobald man nicht mehr im Training ist und die Muskeln die Gelenke nicht mehr stabilisieren.

    Richtig ausgeführt ist Yoga sehr schönes aktives Dehnen. Bsp.: "Der Hund" wenn man die Rückseite der Beine Dehnt indem man das Becken mit den vorderen, oberen Darmbeinstacheln voran nach vorne kippt ohne die Knie zu beugen dann ist das eine wunderschöne, und sehr gut tuende, aktive Dehnung.

    Für die genauen Vorgänge im Muskel gibt es gute Videos (jedoch auf Englisch) bei Youtube und als Buch könnte ich "Angewandte Physiologie" von Frans van den Berg empfehlen

    Ich hoffe ich konnte alle Fragen beantworten und wenn nicht dann entschuldigen sie dies bitte da der Grßteil meines Blutes gerade woanders gebraucht wird. :D
     
  7. Hughilein

    Hughilein Poseidon

    Ich muss gestehen ich habe das meiste nicht wirklich verstanden (falsches Studienfach gewählt). ;)
    Was mir aber noch viel weniger klar ist:
    Du schreibst das man Energie braucht um den Muskel zu verlängern. Bis jetzt noch davon ausgegangen das ein Muskel sich nur verkürzen bzw zusammenziehen kann. Die Längung des Muskels übernimmt dann sein Gegenspieler.
    Ist dies dann falsch oder sowohl als auch?

    Kannst du einmal eine einfache aktive Dehnung für verkürzt beine nennen (komme im stehen nur bis ca zu den Knöcheln).


    Greetz!
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  8. Henk

    Henk Frischling

    Hi,

    großartige Erläuterung! Vielen Dank, und das nach einer Artemis! ;) Ich habe gerade eine Metis-Venus-Kombo hinter mir und gebe zu, den Text 2mal gelesen zu haben, um ihn vollständig zu verstehen. Ich wusste nicht, dass statisches Dehnen nicht willentlich durchgeführt wird. Ich hatte mir unter dem Begriff etwas anderes vorgestellt. Wieder was gelernt.

    Der bereits angesprochene Hund aus dem Yoga ist eine empfehlenswerte Übung dafür.

    Hund (http://meineyogareise.de/upload/bilder/ ... a_Hund.jpg):
    [​IMG]

    Liebe Grüße
    Henk
     
  9. AkiraT

    AkiraT Hades

    Hey, einen guten Morgen wünsche ich.

    Also der Muskel kann sich kontrahieren, sprich, zusammenziehen. Und er kann dillatieren, d.h. wieder seine ursprüngliche länge einnehmen.
    -> Dies tut er entweder aufgrund der Tätigkeit seines Gegenspielers (bei einem im Ellenbogen gebeugtem Arm wäre das dann der Triceps)
    -> Oder er tut dies da er der Schwerkraft folgt (Bsp. Bizeps -> absenken der Handel nach erfolgter Beugung)

    Aber ein Muskel hat keine Möglichkeit sich alleine zu verlängern. Er braucht einen Gegenspieler, die Schwer- oder Fliehkraft. Der Muskel ist sozusagen eine Einbahnstraße.
    Was ich meinte war das er Energie benötigt um wieder seine Ursprüngliche Länge einzunehmen.
     
  10. Hughilein

    Hughilein Poseidon

    Guten morgen,
    genau das meinte ich. Die Energie wird aber im antagonist benötigt und nicht im sich längenden Muskel selbst?


    Greetz!
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  11. AkiraT

    AkiraT Hades

    Sowohl als auch. Die Myosinköpfchen am Aktin im Agonisten brauchen ATP um ihre Verbindung lösen zu können damit der Muskel dillatieren kann.
    Und der Muskel im Antagonisten braucht natürlich auch ATP.
     

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